Die aktuelle Debatte über Bürgerrechte und Datenschutz in Deutschland

Seit den 9/11 Anschlägen sind – in den USA ebenso wie in Deutschland – eine Reihe von Anti-Terror-Gesetzen erlassen worden. Entsprechend groß war das Interesse aus erster Hand die deutsche und liberale Sicht dieser Entwicklung kennenzulernen. Bei einer Veranstaltung in Washington DC informierte Gisela Piltz, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, die amerikanischen Gäste der Stiftung über Bürgerrechte und Datenschutz in Deutschland.

Gleich zu Beginn formulierte Gisela Piltz klar ihre Position: Im Zweifel für die Freiheit und für Bürgerrechte! Die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit müsse bewahrt bleiben; im Kampf gegen den Terror müsse man darauf achten, dass „wir nicht verlieren, was wir sichern wollen: die Freiheit“, so Piltz wörtlich. Die eigentliche Gefahr liege weniger in einzelnen Maßnahmen, die öffentlichen Widerstand auslösten, sondern eher im langsamen Erosionsprozess, der sich als Summe vieler kleiner Schritte ergäbe.

Zunächst berichtete die Bundestagsabgeordnete über die Diskussion der deutschen Parteien zum sogenannten Terrorbekämpfungsergänzungsgesetz. Während mit der Großen Koalition ein Abbau von Bürgerrechten stattgefunden habe, setze sich die FDP in der Koalition für eine ausgewogene Politik ein, die sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Bürgerrechten ausrichte. Das Gesetz, das im Januar diesen Jahres ausgelaufen wäre, wurde nach langem Ringen der beiden Regierungsparteien im Juni 2011 verlängert. Es sei jedoch auf weitere vier Jahre befristet. Zudem wurde eine Regierungskommission zur kritischen Überprüfung der Regelungen eingesetzt.

Danach ging Gisela Piltz auf die besonders umstrittene Vorratsdatenspeicherung ein: Das Bundesverfassungsgericht hatte im März letzten Jahres die bisherige Behördenpraxis für verfassungswidrig erklärt. Die FDP vertrete den Standpunkt, dass eine Speicherung von Telekommunikationsdaten nur in Verbindung mit dem Verdacht auf Straftaten erlaubt sein solle. Die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger habe deshalb ein „Quick-freeze-Verfahren“ vorgeschlagen. Demnach könnten Daten zu einem spezifischen Vorfall „eingefroren“, d. h., gespeichert werden, wobei dann die Freigabe die Zustimmung eines Richters voraussetzen würde.

Piltz sprach auch über die rechtsextremistische Mordserie, die nicht als solche erkannt oder verfolgt worden sei. Dies zeige nach Auffassung von Gisela Piltz die Gefahr, dass Sicherheitsbehörden „auf einem Auge blind“ seien; der alleinige Fokus auf al-Qaida u. ä. wäre zu einseitig. Der Bundestag habe zur Aufklärung der Ermittlungspannen einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Mit der Hilfe einer gemeinsamen Datei von Polizei und Nachrichtendiensten sollten zukünftig Erkenntnisse über gewalttätige Rechtsextreme besser ausgetauscht werden. Die Abgeordnete warnte jedoch davor, in einer solchen Datenbank eine allgemeine Lösung zu sehen.

Abschließend widmete sich Piltz den Fragen des Datenschutzes im Allgemeinen. In diesem Kontext berichtete die FDP-Bundestagsabgeordnete, dass die Koalition die Errichtung einer „Stiftung Datenschutz“ vereinbart habe. Diese solle ein deutschlandweit anerkanntes Gütesiegel für Datenschutz vergeben und den Bürgern damit eine klare Richtschnur bereitstellen, wann sie sich auf den Schutz ihrer Privatsphäre verlassen können. Gisela Piltz sprach sich außerdem für „privacy by default“ aus: Der Betroffene müsse erst gefragt werden. Die Verarbeitung von persönlichen Daten setze eine ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen voraus. Dieses „opt-in Verfahren“ müsse an die Stelle des aktuell weit verbreiteten „opt-out Verfahren“ treten.

 In der Diskussion mit den Gästen der Stiftung informierte die Abgeordnete schließlich auch über die Reform des Datenschutzes in der Europäischen Union: Der grenzüberschreitende Datenverkehr und die Verarbeitung von Daten in der „cloud“ setze der Wirksamkeit von nationalem Recht Grenzen. Deswegen begrüßte Gisela Piltz die Vorschläge der EU-Kommission zur Überarbeitung des europäischen Rechtsrahmens; diese dürfe aber nicht zulasten des hohen deutschen Datenschutzstandards führen.