Interview: Midterm Elections: Ohrfeige für Obama?

DonkeyHotey flickrWähler und Parteikollegen haben sich im Vorfeld der anstehenden Halbzeitwahlen von Präsident Obama abgewandt. Die Halbzeitwahlen gelten als persönliches Zeugnis für die Präsidentschaft und es ist abzusehen, dass das Zeugnis für ihn und seine Demokraten am 4. November 2014 nicht positiv ausfallen wird.

Midterm elections werden jene Wahlen in den Vereinigten Staaten bezeichnet, die in der Mitte der vierjährigen Amtszeit des Präsidenten stattfinden. Wie auch die Präsidentschaftswahl, finden sie stets am Dienstag nach dem ersten Montag im November statt. Nach dem Wahlrecht der USA werden alle zwei Jahre ein Drittel der Senatoren und das gesamte Repräsentantenhaus neu bestimmt. Zusätzlich wird ein Teil der Gouverneure gewählt. Auch die Parlamente der meisten Bundesstaaten werden gewählt.

http://www.freiheit.org hat Claus Gramckow um eine Analyse gebeten. Gramckow leitet das Transatlantische Dialogprogramm (TAD) der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Washington, DC.

freiheit.org: Wie ist die Stimmung in den USA kurz vor den Midterm Elections? Um welche innenpolitischen Themen drehen sich die Wahlen? Gibt es bestimmte Themen, die die Wähler an die Wahlurne treiben?

Gramckow: Die Wähler in den USA sind unzufrieden. Sie sind unzufrieden mit der Richtung, in die sich das Land bewegt und mit der Unfähigkeit der Bundesregierung, bedeutende Probleme zu lösen. Die Polarisierung der US-Politik lähmt die Legislative und sorgt für Frustration bei den Bürgern. Diese Frustration manifestiert sich in der Person von Präsident Barack Obama. Wähler und Parteikollegen haben sich im Vorfeld der anstehenden Wahlen vom Präsidenten abgewandt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Demokraten dafür bei den Midterm elections bezahlen werden. Die Halbzeitwahlen gelten als persönliches Zeugnis für die Präsidentschaft Obamas und es ist abzusehen, dass das Zeugnis für ihn und seine Demokraten nicht positiv ausfallen wird.
Im Gegensatz zum Wahlkampf 2010, bei dem sich alles um Obamacare drehte, gibt es bei den diesjährigen Midterms keine zentralen Themen, die die Bürger zum Wählen motivieren. Für die Republikaner und Demokraten ist es entscheidend, ihre Wähler überhaupt an die Urne zu bringen.

freiheit.org: Wie sieht es mit außenpolitischen Themen aus? Wie haben sich die anhaltenden internationalen Krisen wie z.B. die Bedrohung durch die Terrororganisation IS oder die Ebola-Epidemie auf die letzten Wochen des Wahlkampfes ausgewirkt?

Gramckow: Außenpolitische Themen spielen für die Halbzeitwahlen normalerweise keine Rolle. In diesem Jahr ist das anders, denn auch im Rahmen der IS- und Ebola-Krise ist die amerikanische Öffentlichkeit unzufrieden mit der Reaktion der US-Administration. Die Unfähigkeit Obamas auf internationale Krisen zu reagieren lässt seine Zustimmungsraten weiter sinken. Im Gegensatz zu IS und Ebola hat die Ukraine-Krise keine Auswirkung auf die Midterm elections. Die Schlüsselfunktion zur Bewältigung dieser Krise schreiben die Amerikaner Europa zu.

freiheit.org: Die Midterm Elections könnten die politische Landschaft verändern. Die Republikaner, die im Moment die Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, könnten auch die Mehrheit im Senat gewinnen. Wie sieht Ihre Wahlprognose aus? Wird die Republikanische Partei die Mehrheit im Senat erreichen? Und können die Republikaner im Repräsentantenhaus weitere Sitze hinzugewinnen?

Gramckow: Aus den letzten veröffentlichten Umfragen kann man ablesen, dass die Midterm elections ein Erfolg für die Republikaner werden. Die Chancen, dass die Republikaner die Mehrheit im Senat gewinnen und ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus ausbauen, stehen gut. Ob die Wahlen einen wirklichen Triumph für die Republikaner bedeuten, wird sich vor allem im Ausgang der Gouverneurswahlen zeigen. Denn hier ist die Rolle des amtierenden Präsidenten beim Entscheidungsprozess nicht ausschlaggebend.
Es gibt eine Reihe von amtierenden republikanischen Gouverneuren, die bei den Wählern sehr unbeliebt sind und in Gefahr stehen, nicht wiedergewählt zu werden. Interessierte Beobachter der Midterm elections sollten verfolgen, ob es den demokratischen Kandidaten in den Staaten Pennsylvania, Florida, Kansas, Georgia, Illinois, Wisconsin und Maine gelingen wird, zu gewinnen.

freiheit.org: Welche Bedeutung hat der Wahlausgang im November 2014 für die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016?

Gramckow: Gelingt es den Republikanern die Mehrheit in beiden Kammern des US-Kongresses zu gewinnen, erwarten die Bürger ein verantwortungsvolles und kompromissbereites Mitregieren. Können die Republikaner im Kongress diese Aufgabe nicht erfüllen, ist es wahrscheinlich, dass der nächste republikanische Präsidentschaftskandidat dafür bestraft wird.
Der Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen 2016 beginnt am 5. November, einen Tag nach den Midterm elections. Falls Hillary Clinton ihre Kandidatur offiziell bekannt gibt, kann man davon ausgehen, dass sie die Vorwahlen für sich entscheiden wird und 2016 als demokratische Präsidentschaftskandidatin antritt. Die Liste potenzieller Kandidaten der Republikanischen Partei ist weitaus trüber. Hier sollte man den Blick auf erfolgreiche Gouverneure, die bei den Halbzeitwahlen ihre Wiederwahl garantieren können, richten. Im Februar/März 2015 wird sich auch entscheiden, ob Jeb Bush und/oder Mitt Romney kandidieren werden.