Bei den Midterm Elections erlitten die Demokraten eine schwere Niederlage. Abgesehen von der Mehrheit im Senat, verloren sie auch mehrere wichtige Gouverneursposten. Das Repräsentantenhaus war ohnehin seit 2010 in republikanischer Hand. Wie es zu dem Wahldebakel für die Demokraten kam, was sich durch den Machtwechsel im Kongress verändern wird und welche Auswirkung die Midterm Elections auf die Präsidentschaftswahl 2016 haben werden, wurde auf der diesjährigen Transatlantik-Konferenz des Transatlantischen Dialogprogramms (TAD) der Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit (FNF) in Miami diskutiert.
Das Wahldebakel der Demokraten
Das Wahlergebnis der Midterm Elections kam für die Demokraten einem Erdrutsch gleich: Im Senat verloren die Demokraten 7 Sitze und somit ihre Mehrheit; im Repräsentantenhaus büßte Obamas Partei weitere 15 Sitze ein, was die Mehrheit der Republikaner in der Parlamentskammer noch weiter ausbaut. Das genaue Ausmaß der Verluste der demokratischen Partei erkennt man aber erst bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse der Gouverneurswahlen: Hier ist es nicht nur amtierenden republikanischen Gouverneuren, deren Wiederwahl gefährdet war, gelungen, ihr Amt zu verteidigen (wie in Wisconsin und Florida); es haben auch republikanische Kandidaten in Staaten gewonnen, die traditionell von Demokraten gehalten wurden, wie Maryland und Massachusetts. Welche Faktoren haben zu dieser desaströsen Wahlniederlage der Demokraten geführt?
Erstens die historisch niedrige Wahlbeteiligung: Mit gerade einmal 36.4 Prozent war die Wahlbeteiligung bei den Midterm Elections 2014 die Niedrigste seit 72 Jahren. Durch die Selbstlähmung des Kongresses in den letzten zwei Jahren haben viele Amerikaner das Vertrauen in die Parlamentarier auf dem Capitol Hill verloren; frustriert und enttäuscht wenden sie sich von der Politik ab.
Zweitens wollten diejenigen, die den Weg zur Wahlurne geschafft haben, in erster Linie ihrem Ärger Ausdruck verleihen. Zielscheibe war hier weniger die demokratische Partei als Präsident Barack Obama. Die Wahlergebnisse spiegeln die große Unzufriedenheit der Wähler mit der politischen Führung in Washington, DC wider. Die Wahl war ein eindeutiges Zeugnis gegen Obamas Amtsführung. Einer Umfrage des Meinungs- und Marktforschers Robert Moran zufolge waren 54 Prozent der Amerikaner vor den Halbzeitwahlen mit der Arbeit des Präsidenten unzufrieden. Besonders in wirtschaftlichen Fragen konnten Obama und seine Demokraten wenig punkten. Obwohl die US-Wirtschaft seit dem Frühjahr 2014 einen kräftigen Aufschwung erfahren habe, sei diese positive Entwicklung nur begrenzt in den privaten Haushalten der Amerikaner zu spüren.
Das Wahlergebnis könne aber nicht als Sieg der Republikaner interpretiert werden, laut Moran. Anders als in den Medien dargestellt, ist die Wahlniederlage der Demokraten keine Überraschung, sondern folgte vielmehr einem historischen Muster: Fast ausnahmslos habe jeder Präsident seit Ulysses S. Grant vor 150 Jahren, nach Antritt seiner zweiten Amtszeit, eine herbe Wahlniederlage bei den zweiten Midterm Elections einstecken müssen.
Ein weiterer Faktor, der ausschlaggebend für die Wahlniederlage der demokratischen Partei wirkte, war eine falsche Prioritätensetzung der Demokraten im Wahlkampf. Brian Brokaw, selbst Demokrat und als politischer Berater und Kampagnenmanager tätig, erklärte, die Demokraten hätten zu sehr auf sogenanntes ‚micro-targeting‘, d.h. zielgruppenspezifischen Wahlkampf, gesetzt. Was Obama 2008 und 2012 noch zum Wahlsieg verholfen habe, hätte bei den Midterm Elections die gegenteilige Wirkung gezeigt: Durch die zu starke Fokussierung auf die für die jeweiligen Wählergruppen vermeintlich relevanten Themen hätten die Demokraten das ‚big picture‘ und somit eine kohärente, ganzheitliche Botschaft aus den Augen verloren. Hinzukommt, dass die Demokraten es versäumt hätten, ihre Kernthemen, wie z.B. die Anhebung des Mindestlohns, in ihren Wahlkampf aufzunehmen. Dass ihnen diese Themen einige Stimmen eingebracht hätten, zeigen die Referenden in South Dakota, Nebraska, Alaska und Arkansas: Hier wurde beschlossen, den Mindestlohnüber das Niveau auf Bundesebene anzuheben.
Machtwechsel im Kongress – Vorwärtskommen oder Business as Usual?
Mit einer Mehrheit im Senat und dem Repräsentantenhaus können die Republikaner Initiativen des Präsidenten blocken und Gesetze verabschieden. Obama selbst kann Gesetzesinitiativen durch ein Veto verhindern. Die Verschiebung des Machtverhältnisses kann sich aber auch positiv auf die US-Politik auswirken. Da die Republikaner nun selbst in der Verantwortung stehen, müssen sie aktiv mitregieren, statt nur zu blockieren. Die Wähler erwarten, dass die Republikaner als stärkste Kraft im Kongress vermehrt Gesetzesanträge einbringen. Politikberater Brian Brokaw erwartet vor allem in Bereichen wie der Steuerreform, dem Abschluss der neuen Freihandelsabkommen, der Energiepolitik, einer Reform der National Security Agency (NSA) sowie in der Außenpolitik eine bessere Zusammenarbeit zwischen Regierung und Kongress. Bei kontroversen Themen, wie der Reform der Einwanderungspolitik oder dem Klimawandel, erwartet Brokaw jedoch auch in Zukunft eher Konfrontation statt Kooperation.
Midterm Elections kein Zeichen für 2016
Das Ergebnis der Kongresswahlen bedeutet nicht automatisch einen Vorteil für die Republikaner bei den Präsidentschaftswahlen 2016. Im Gegenteil: Die Wähler haben den Republikanern ihr Vertrauen ausgesprochen und stehen nun unter Handlungsdruck. Wie viele Gesetze tatsächlich in die Praxis umgesetzt werden, ist fraglich; nur knapp jeder vierte Befragte in der von Robert Moran durchgeführten Studie ist optimistisch, dass sich etwas am politischen Stillstand in Washington, DC ändern werde. Darüber hinaus hätten die Republikaner noch keine konkreten Präsidentschaftskandidaten sondern ein breites Feld an potentiellen Kandidaten; bei den Demokraten positioniere sich – wenn auch noch nicht offiziell – Hillary Clinton. Alle Beteiligten an der Diskussion waren sich einig, dass die Midterm Elections 2014 keine entscheidende Bedeutung für den Wahlausgang 2016 spielen würden.