Endlich hat das Rennen ums Weiße Haus „offiziell“ begonnen. Schon lange war es ein offenes Geheimnis, dass Hillary Rodham Clinton, ehemalige First Lady und Außenministerin der ersten Obama-Administration, nach ihrer parteiinternen Niederlage im Jahr 2008 einen zweiten Anlauf auf die Präsidentschaft nehmen würde. Über den richtigen Zeitpunkt für die Bekanntgabe wurde indes lange spekuliert. Am vergangenen Sonntag gab Hillary Clinton ihre Kandidatur über die sozialen Medien bekannt – und nicht vor einem breiten fernsehwirksamen Publikum.
Die Ankündigung kam etwas früher als erwartet, denn Beobachter hatten zuvor berichtet, dass Clinton noch hatte warten wollen. Aber mehrere Ereignisse der vergangenen Wochen bewegten sie dazu, diesen Schritt vorzuziehen. Zum einen handelte es sich um Reaktionen aus dem eigenen, demokratischen Lager hinsichtlich der negativen Berichterstattung über Clintons E-Mailverkehr sowie fragwürdige, aus dem Ausland stammende Spenden an die Clinton-Stiftung. Ein jüngst erschienenes Buch, das Details über die Streitigkeiten und Handgreiflichkeiten im Weißen Haus zwischen Bill und Hillary Clinton im Verlauf der Lewinsky-Affäre enthüllte, brachte das Fass zum Überlaufen. Es wurde höchste Zeit, die öffentliche Diskussion rund um Hillary wieder auf das Wesentliche – ihre Präsidentschaftskandidatur – zu lenken.
Durch ihre offizielle Ankündigung erhofft sich die 67-Jährige, wieder positive Schlagzeilen schreiben zu können, aber auch einem potentiellen Gegenkandidaten, Senator Marco Rubio aus Florida, ein wenig die öffentliche Aufmerksamkeit zu nehmen. Der erst 43-jährige Sohn kubanischer Einwanderer, der im Clinton-Lager als einer der gefährlichsten potentiellen Gegner angesehen wird, soll seine Kandidatur voraussichtlich am 13. April bekanntgeben.
Welche Wahlkampfstrategie verfolgt Clinton?
Wie bei der Ankündigung ihrer Kandidatur wird Hillary Clinton in den kommenden Wochen große, medienwirksame Veranstaltungen vermeiden. Dieser Ansatz ist Teil ihrer neuen Wahlkampfstrategie, die darauf abzielt, alte Fehler zu vermeiden. Bei ihrer letzten Kampagne zog sie die große Bühne vor, um den Eindruck zu vermitteln, dass niemand an ihr vorbeikomme. Diesmal setzt sie auf Veranstaltungen im kleinen Rahmen, um Bürgernähe zu vermitteln und den direkten Kontakt zu ihrer Wählerschaft herzustellen. Erfahrungsgemäß kommt sie auf kleinen Veranstaltungen besser an als vor einem großen Publikum.
Gegenwärtig deutet alles darauf hin, dass die Demokraten Clinton als Präsidentschaftskandidatin nominieren werden. Demzufolge nimmt sie Strategien und Erfahrungen, die sie jetzt sammelt, mit in den Hauptwahlkampf. Um auch unentschlossene Wähler zu überzeugen, darf sich Clinton jetzt nicht auf ihrem berühmten Namen ausruhen, sondern muss eine ‚Message‘ entwickeln, mit der sie den Nerv der Bürgerinnen und Bürger trifft.
Der Vorwahlkampf der Republikaner verspricht wesentlich interessanter zu werden, denn dort gibt es keinen klaren Favoriten. Bisher haben der erzkonservative Senator Ted Cruz aus Texas und der libertär geprägte Senator Rand Paul aus Kentucky offiziell ihre Kandidatur bekannt gegeben. Der ehemalige Gouverneur Floridas, Jeb Bush, und der amtierende Gouverneur Wisconsins, Scott Walker, lassen mit der offiziellen Bekanntgabe ihrer Kandidatur noch auf sich warten. Sowohl Bush als auch Walker gelten intern aber schon jetzt als Favoriten.
Der gordische Knoten für alle republikanische Kandidaten, insbesondere für die Favoriten, wird sein, im Vorwahlkampf politisch nicht zu stark nach rechts zu rücken und es der konservativen Parteibasis recht zu machen. Blickt man auf die Wahlen der vergangenen zwei Jahrzehnte zurück, wird deutlich, dass die eigentliche Präsidentschaftswahl in der politischen Mitte, und nicht etwa an ihrem Rand, gewonnen wird.
Bis zum Wahltag im November 2016 kann und wird noch viel passieren. Der erste Meilenstein wurde nun mit der Ankündigung der Kandidatur Clintons gelegt. Die Vereinigten Staaten machen sich bereit, über die Zukunft des Weißen Hauses und die Richtung, in die das Land steuern soll, zu diskutieren.
Claus Gramckow, Representative USA and Canada, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit