USA besiegeln Freihandelsabkommen mit asiatisch-pazifischen Ländern, kommt jetzt auch der Durchbruch für TTIP in Europa?

Source: Wikipedia/Public DomainNach jahrelangen Verhandlungen haben zwölf Pazifik-Anrainerstaaten ein historisches Freihandelsabkommen – die Transpazifische Partnerschaft (TPP) – abgeschlossen. Bevor der Vertrag in Kraft tritt, muss er von den Parlamenten aller Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Währenddessen erhofft man sich bei Befürwortern des Freihandels in Europa, dass der politische Impuls auch die Verhandlungen zum Transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) belebt.

USA besiegeln Freihandelsabkommen mit asiatisch-pazifischen Ländern – Ist jetzt die EU an der Reihe?

Neben den Wirtschaftsmächten Japan und USA gehören Australien, Brunei, Chile, Kanada, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam zu den Vertragspartnern der neuen Transpazifischen Partnerschaft. Gemeinsam machen die Länder rund 40 Prozent der Weltwirtschaft aus. Das Abkommen zielt darauf ab, Handelsbarrieren für Güter und Dienstleistungen abzubauen und gemeinsame Standards zu setzen. Für die USA öffnen sich mit dem Abkommen wichtige Agrarmärkte in Japan und Kanada. Zudem profitieren US-amerikanische Pharma- und Technologieunternehmen von verschärften Vorschriften zum Schutz geistigen Eigentums. Präsident Barack Obama verfolgt mit dem Abkommen außerdem geopolitische Ziele. Durch den Aufbau von Beziehungen zu alten und neuen Verbündeten im asiatisch-pazifischen Raum versucht er, den wachsenden Einfluss Chinas einzudämmen. Der Abschluss der Verhandlungen ist ein wichtiger handelspolitischer Erfolg für die Obama-Regierung. Doch am Ziel angekommen ist der Präsident erst, wenn der US-Kongress den Vertrag ratifiziert.

Im Sommer dieses Jahres erteilte der Senat dem US-Präsidenten eine Verhandlungsvollmacht für internationale Handelsabkommen. Mit dem Mandat kann die Exekutive internationale Verträge verhandeln und abschließen. Allerdings kann der Kongress den Vertrag nach Abschluss in Gänze ablehnen. Um seine Kritiker zu besänftigen, beteuerte Präsident Barack Obama, dass das Abkommen neue Märkte für amerikanische Produkte öffne und dabei hohe Standards für den Schutz von Arbeitnehmern und der Umwelt gewährleiste. Doch Umweltschutzgruppen, Gewerkschaften und deren Verbündete im US-Kongress bleiben skeptisch. Nur eine Handvoll Demokraten unterstützen das Vorhaben des Präsidenten. Ob die Republikaner dem Vertrag mehrheitlich zustimmen, ist derzeit schwer vorhersehbar. Aller Voraussicht nach wird frühestens Anfang des nächsten Jahres, dem Jahr der Präsidentschaftswahl, über das Abkommen im Kongress abgestimmt. Mitten im Wahlkampf kann es schnell passieren, dass Abgeordnete und Präsidentschaftskandidaten ihre Positionen ändern, um Wählerstimmen zu gewinnen. Eine weitere Unwägbarkeit ist die neue Führung im US-Repräsentantenhaus. John Boehner hat sein Amt als Sprecher des Hauses niedergelegt. Wer sein Nachfolger wird und wie der neue Vorsitzende des Repräsentantenhauses zu dem Abkommen steht, ist ungewiss. Für Barack Obama bedeutet dies, dass er sich weiter intensiv um den Kongress bemühen muss, um die Ratifizierung des Vertrages sicherzustellen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Ratifizierung des Abkommens durch den Kongress in die Amtszeit des nächsten Präsidenten fällt.

Die aktuellen Ereignisse werden auch in Europa mit großem Interesse verfolgt. Auf amerikanischer Seite stand das Transatlantische Handels-und Investitionsabkommen (TTIP) lange Zeit im Schatten von TPP. Da das transatlantische Abkommen noch in den Startlöchern steht und die Verhandlungsrunden schleppend verlaufen, schenkte man TTIP bisher nur wenig Aufmerksamkeit. In Europa hoffen Handelsexperten jetzt, dass der Abschluss der TPP-Verhandlungen TTIP belebt. Marietje Schaake MdEP, liberale Europaabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für internationalen Handel, sieht den Abschluss der TPP-Verhandlungen als positiven Anschub für das Abkommen zwischen EU und USA: Mit dem Abschluss der Verhandlungen werde „auf amerikanischer Seite wertvolle Zeit, Energie und politisches Kapital frei, das in die TTIP-Verhandlungen investiert werden kann“, so Schaake.[1] Auch der Fraktionsvorsitzende der „Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa“ (ALDE) Guy Verhofstadt MdEP betont die Bedeutung von TPP für TTIP: „Der Vertrag unterstreicht die dringende Notwendigkeit für ein durchdachtes TTIP-Abkommen, das unsere Werte widerspiegelt und auf europäischen Standards aufbaut.“ Er warnt, dass Europas Anteil am globalen Handel auf dem Spiel stehe. Um ein ‚Global Player‘ zu bleiben, müsse die EU die TTIP-Verhandlungen rasch zum Abschluss bringen.[2]

Ob man TTIP auf amerikanischer Seite – wie die Europäer hoffen – zukünftig mehr Aufmerksamkeit schenken wird, bleibt abzuwarten. Das transpazifische Abkommen wird sicherlich bis zur offiziellen Ratifizierung die bedeutendere Rolle im Kongress spielen. Außerdem werden mit Sicherheit innenpolitische Themen das Wahlkampfjahr 2016 dominieren.

Iris Froeba, Policy Analyst and Media Officer, Transatlantic Dialogue, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit