Dossier US-Wahlen: Vorwahlen in New Hampshire – Sieg gegen das Partei-Establishment

Donald Trump flickr by Iprimages
Donald Trump flickr by Iprimages

Mit dem Vorwahlergebnis in New Hampshire ist der Albtraum des politischen Establishments eingetreten. Sowohl auf republikanischer als auch demokratischer Seite entschieden sich die Wähler für Kandidaten, die gegen das Establishment ihrer jeweiligen Parteien antreten. Die Sieger der New Hampshire Primaries, Donald Trump und Bernie Sanders, setzten sich mit deutlichem Abstand durch. Mit 35 Prozent der Stimmen erzielte Trump fast doppelt so viele Wählerstimmen wie der zweitplatzierte John Kasich, Gouverneur von Ohio, der auf 16 Prozent kam. Sanders, der 60 Prozent der Stimmen auf sich vereinte, ließ seine Gegenkandidatin Hillary Clinton mit einem Vorsprung von fast 22 Prozent hinter sich. Die als eigenwillig geltenden Wähler in New Hampshire haben der Parteispitze eine klare Nachricht geschickt, die lautet: „Ihr habt uns enttäuscht und wir wollen neuen Gesichtern eine Chance geben.“

Der Erfolg von Trump war keine Überraschung, denn die Meinungsumfragen vor der Wahl deuteten bereits auf einen Sieg hin. Überraschend war jedoch der große Abstand, mit dem er gewann. Trump ist es in New Hampshire gelungen, den Großteil der unabhängigen Wählerstimmen zu gewinnen. In Iowa haben ihm diese Stimmen gefehlt, denn im Gegensatz zu den Vorwahlen in New Hampshire, an denen auch Nicht-Parteimitglieder und unabhängige Wähler abstimmen können, dürfen im Rahmen des Iowa Caucus nur Parteimitglieder wählen.

Viel interessanter als Trumps Sieg sind jedoch die Wahlergebnisse der restlichen Kandidaten. Der zweitplatzierte John Kasich setzte auf einen Wahlkampf, der sich auf positive Aussagen stütze und nicht die direkte Konfrontation mit den Konkurrenten suchte. Zudem trat der moderate Kasich in den direkten Dialog mit den Bürgern. Sein Ziel war es, sich von den etablierten Kandidaten etwas abzusetzen, was ihm auch gelang. Senator Marco Rubio legte einen starken Start in Iowa hin. Doch sein Momentum wurde durch seinen schlechten Auftritt bei der letzten republikanischen TV-Debatte ausgebremst. Rubio konnte nicht überzeugen. Seine Aussagen wirkten einstudiert und er wiederholte sich mehrmals. In New Hampshire landete er mit 10, 5 Prozent auf Platz fünf.

Bernie Sanders flickr by John Pemble
Bernie Sanders flickr by John Pemble

Chris Christie, Gouverneur von New Jersey, verfolgte von Anfang an die Strategie, in New Hampshire ein starkes Ergebnis zu erzielen, um den nötigen Schwung für die folgenden Vorwahlen zu bekommen. Doch seine Strategie den Fokus auf New Hampshire zu richten, ging nicht auf. Mit knapp 7, 5 Prozent der Stimmen erzielte er das schwächste Ergebnis unter den etablierten Kandidaten. Einen Tag nach der Wahl gab er bekannt, seine Kandidatur zurückzuziehen. Auch Carly Fiorina hat ihre Kandidatur zurückgezogen.

Jeb Bush, der frühere Gouverneur von Florida, landete mit 11 Prozent auf Platz vier. Auch wenn das Ergebnis für Bush ähnlich enttäuschend wie in Iowa ausfiel, wird er wahrscheinlich seine Kampagne fortsetzen, da er seine Chance in den Südstaaten sieht und noch genügend Geld auf seinem Wahlkampfkonto hat. Senator Ted Cruz, der in Iowa gewann, musste sich in New Hampshire mit 12 Prozent der Wählerstimmen und damit dem dritten Platz zufriedengeben. Dennoch schnitt der ultrakonservative Cruz in New Hampshire besser ab als erwartet und kristallisiert sich als Favorit unter den christlich-konservativen Anhängern der Partei heraus. Bei den bald folgenden Vorwahlen in Amerikas Südstaaten könnte ihm das zugutekommen.

Auf demokratischer Seite hatte Hillary Clinton erneut riesige Probleme, die junge Wählerschaft zu gewinnen. In der Altersgruppe der unter 30-Jährigen gewann Bernie Sanders 85 Prozent der Stimmen. Überraschenderweise konnte Clinton auch bei den Frauen nicht punkten. Mit 53 zu 47 Prozent gewann Sanders auch diese Wählergruppe. Beide Wählergruppen waren entscheidend für den Sieg von Präsident Barack Obama sowohl im Jahr 2008 als auch 2012. Die enttäuschenden Ergebnisse in New Hampshire sollten nicht nur Clinton zu denken geben, sondern dem gesamten Partei-Establishment, das sich die Frage stellen muss, ob Clinton die richtige Kandidatin für die Hauptwahlen im Herbst ist. Gelingt es Clinton nicht, bei den nächsten Vorwahlen in Nevada besser abzuschneiden, wird die Diskussion um ihre Kandidatur in der Partei und der Öffentlichkeit lauter. New Hampshire hat erneut gezeigt, dass Clinton keine gute Wahlkämpferin ist. Sie ist nicht authentisch und kommt nicht bei den Wählern an. Dies wurde ihr schon 2008 gegen Barack Obama zum Verhängnis. Hinzu kommt, dass ihre Glaubwürdigkeit in den vergangenen Monaten enorm gelitten hat – zuletzt als bekannt wurde, dass das FBI eine offizielle Untersuchung im Rahmen ihrer Email-Affäre angestrengt hat.

Für die kommenden drei Wochen trennen sich erst einmal die Wege für die parteiinternen Vorwahlen. Am 20. Februar stimmen die Republikaner in South Carolina ab, währen die Demokraten in Nevada zum Urnengang aufrufen. Die Primary in South Carolina ist eine geschlossene Vorwahl, d.h. es dürfen nur registrierte Parteimitglieder wählen. Die republikanische Wählerstruktur in South Carolina ist sehr konservativ, was ein Vorteil für Senator Ted Cruz sein dürfte. South Carolina wird außerdem zeigen, wie gut Donald Trump bei der konservativen Wählerschaft ankommt und ob John Kasich weiter punkten kann.

Beim Caucus in Nevada wird sich herausstellen, wie gut Bernie Sanders organisiert ist und wie er bei den Hispanics, die neben den Jungwählern und Frauen einen weiteren entscheidenden Wählerblock der Demokraten ausmachen, ankommt. Hillary Clinton muss in Nevada Stärke beweisen, um die aufkeimenden kritischen Stimmen in der eigenen Partei ein Stück weit zum Schweigen zu bringen.

Eines steht fest: Bei beiden Parteien bleibt es so spannend wie lange nicht mehr.

 

Claus Gramckow, Repräsentant USA & Kanada, Transatlantisches Dialogprogramm, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit