
Die erste TV-Debatte der beiden Präsidentschaftskandidaten hat das gehalten, was sich Experten und Öffentlichkeit erhofft hatten: ein rhetorisches Feuerwerk. Das Duell zwischen Donald Trump und Hillary Clinton verdeutlichte einmal mehr, wie polarisiert die politischen Lager sind, und dass beide Kandidaten eine völlig andere Sichtweise auf die aktuelle Lage des Landes haben. Während Trump die Vereinigten Staaten, sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus außenpolitischer Perspektive, als schwächelnd darstellte, zeichnete Clinton ein wesentlich positiveres Bild der USA.
Der Verlauf der Debatte war zweigeteilt. Trump wirkte zunächst sicher und ungewöhnlich ruhig, wurde aber nach dreißig Minuten von Kontrahentin Clinton in die Defensive gedrängt und verlor die Beherrschung. Dabei wollten beide Kandidaten den TV-Auftritt nutzen, um ihre jeweiligen politischen Kerngruppen zu motivieren, im November an die Wahlurne zu gehen. Zu Clintons Wählergruppen gehören die sogenannten „Millennials“, Hispanics, Farbige und Frauen. Trumps Wählerbasis setzt sich vor allem aus weißen Männern zusammen. Um seine Chancen auf einen Wahlerfolg zu steigern, müsste er seine Basis aber noch deutlich ausbauen und neue Wähler für sich gewinnen.
Zumindest während des ersten TV-Duells ist es Trump nicht gelungen, Wechselwähler oder unentschlossene Wähler anzusprechen – ganz im Gegenteil. Anstatt die wichtige Wählergruppe der Frauen mit konkreten Politikansätzen von sich zu überzeugen, bestätigte er, dass er die Komödiantin Rosie O’Donell als „fettes Schwein“ und „Schlampe“ beleidigt habe. Sie hätte es schließlich verdient und niemand würde Mitleid mit ihr haben. Auch sein respektloses Verhalten gegenüber seiner Gegenkandidatin – er unterbrach Clinton ganze 25 Mal – half ihm nicht, diejenigen Frauen, die Clinton skeptisch sehen, für sich zu gewinnen.
Clinton in der Offensive
Trump verlor seine Haltung vor allem wegen Clintons effektiven Attacken. Gerade die Kritik, dass er als Bauunternehmer kleine und mittlere Betriebe nicht für ihre Arbeit bezahlt habe, drängte ihn in die Defensive. Clinton kratzte damit an Trumps Image als erfolgreicher Unternehmer, der nun mit den gleichen Methoden in der Politik groß rauskommen möchte. Einen weiteren wunden Punkt traf Clinton, als sie ihren Kontrahenten darauf ansprach, warum er sich weigere, seine Steuererklärungen zu veröffentlichen.
Trump hingegen schaffte es nur ein einziges Mal, Clinton in die Ecke zu drängen, und zwar mit seiner Kritik an den Freihandelsabkommen NAFTA (Nordamerikanisches Freihandelsabkommen) und TPP (Transpazifische Partnerschaft), die aus seiner Sicht amerikanische Arbeitsplätze zerstört hätten und weitere zerstören würden. Seine klare Aussage zum Thema Freihandel fand große Resonanz beim Publikum und stößt auch bei einer breiteren Wählerschicht in den USA auf Gehör.
Der erste Punkt geht an Clinton
Am Ende der Debatte konnte man ganz klar spüren, dass Trumps narzisstische Persönlichkeit nicht gut mit Kritik umgehen kann. Alle Beobachter waren sich einig, dass Clinton besser auf das TV-Duell vorbereitet war. Bei den TV-Debatten, die während der Vorwahlen stattfanden, stand Trump mit bis zu neun anderen Kandidaten auf der Bühne und konnte sich auf seine TV-Erfahrung und sein Bauchgefühl verlassen, ohne tief in politische Details gehen zu müssen. Gestern standen seine Schwächen im politischen Detailwissen und seine überschäumende Persönlichkeit im Fokus. Diese Schwächen, die beim ersten TV-Duell deutlich wurden, sind sehr gefährlich für seinen Wahlkampf. Trumps Auftritt am Montagabend spielt dem Clinton-Lager in die Hände. Seit Beginn des Wahlkampfes porträtiert das Clinton-Team Trump als nicht qualifiziert und gefährlich für das Weiße Haus.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die erste TV-Debatte der Kandidaten, trotz allem Medienrummel, den Verlauf des Wahlkampfes nicht wesentlich verändert. Man kann die Wahl nicht allein durch einen guten Auftritt gewinnen. Man kann sie aber durch eine schlechte Vorstellung verlieren. Auch wenn Clinton am Montagabend den souveräneren Auftritt hinlegte, ist das Rennen noch lange nicht entschieden. Deshalb werden die nächsten TV-Debatten mit großem Interesse weiter verfolgt werden.
Claus Gramckow ist Repräsentant USA und Kanada, Transatlantisches Dialogprogramm, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.
Das gesamte TV-Duell im Original finden Sie hier: