
In Washington geht eine aufregende und arbeitsintensive Woche zu Ende. Es war wohl die hektischste Woche der Übergangsphase zur Trump-Administration. Im Senat mussten sich gleich acht Kandidaten für Spitzenposten in der neuen Regierung einer Anhörung stellen, Trumps Schwiegersohn Jared Kushner wurde zu einem wichtigen Berater im Weißen Haus ernannt und in all der Hektik traten dann noch der amtierende Präsident und sein Nachfolger vor die Kameras: der eine, um sich zu verabschieden, und der andere, um sich und die Welt auf die kommenden vier Jahre einzustimmen.
Barack Obama verabschiedete sich vor rund 20.000 Anhängern in seiner Wahlheimat Chicago. Sein Auftritt war wie gewohnt emotional, mitreißend und hoffnungsvoll. Dank dieser Rhetorik wurde der damals 47-Jährige vor nunmehr acht Jahren zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Er versprühte Optimismus, ohne dabei die Schattenseiten und immensen Herausforderungen der Vereinigten Staaten auszublenden. Der scheidende Präsident nutzte seinen Auftritt auch, um auf die Erfolge seiner Amtszeit zurückzublicken: innenpolitisch auf die Überwindung der Wirtschaftskrise, die Durchsetzung der Gesundheitsreform „Obamacare“ sowie die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe im ganzen Land, außenpolitisch auf die Tötung Osama Bin Ladens, die Annäherung an Kuba und das Ende des iranischen Atomprogramms.
Obamas Abschied: Warnung und Appell zugleich

Obamas Zustimmungsrate ist nach wie vor hoch, doch das Land ist so gespalten wie nie zuvor. Der Präsident sieht die Demokratie durch wirtschaftliche Ungleichheiten, den anhaltenden Rassismus und den Einfluss von Falschmeldungen, die die Realität bewusst verzerren und den öffentlichen Diskurs beeinflussen, bedroht. Deshalb appellierte er an die Solidarität der Bürgerinnen und Bürger. Sie müssten unabhängig von ihrer Hautfarbe, ihrer Religion und ihrer politischen Überzeugungen enger zusammenwachsen und sich darauf besinnen, was sie vereint, und nicht was sie spaltet. Amerika würde immer einen Schritt nach vorne machen, doch manchmal lasse es sich nicht vermeiden, einen Schritt zurückzugehen. Ohne den Namen Donald Trump zu erwähnen, mahnte Barack Obama seinen Nachfolger, das Land nicht noch weiter zu spalten. Doch genau diese Spaltung verhalf Trump ja erst zu seinem Erfolg.
Der scheidende Präsident konnte in den vergangenen Jahren einige politische Erfolge verbuchen. Doch der Machtwechsel bringt sein Erbe in Gefahr. In Washington stehen alle Zeichen auf „repeal & replace“, denn Trumps Administration und die republikanische Mehrheit im Kongress werden alles daran setzen, das achtjährige Wirken Obamas auszuradieren.
Trumps erste Pressekonferenz als gewählter Präsident
Seit seiner Wahl zum Präsidenten im November 2016 vermied Trump Pressekonferenzen und kommunizierte mit der Außenwelt vorrangig per Twitter. Für gewöhnlich stehen designierte US-Präsidenten der Presse innerhalb von zehn Tagen nach der Wahl Rede und Antwort. Während des Wahlkampfes hatte Trump seine Kontrahentin Clinton scharf kritisiert, weil sie sich seiner Meinung nach nicht oft genug der Presse stellte: „Die korrupte Hillary sollte verwarnt werden, weil sie seit 179 Tagen an keiner Pressekonferenz mehr teilgenommen hat“, twitterte Trump etwa im Mai 2016.
Es wurde also höchste Zeit für Trump, sich den unangenehmen Fragen der Presse zu stellen. Seine Ansprache wirkte durcheinander und unkonkret. Trump betonte erneut, dass er an seinen Plänen, eine Mauer zu Mexiko zu bauen, festhalten würde, lobte die Autoindustrie dafür, Arbeitsplätze in den USA zu schaffen, kritisierte hingegen die Pharmaindustrie, die zu hohe Preise aufriefe und nicht in den USA produziere und versprach, die medizinische Versorgung von US-Veteranen zu verbessern sowie „Obamacare“ abzuschaffen. Außerdem kündigte er an, dass er sein Firmenimperium offiziell seinen Söhnen übertragen werde.
Zur Überraschung vieler Beobachter wies Trump erstmalig Russland die Verantwortung für Hacker-Angriffe während des Wahlkampfes zu. „Ich denke, es war Russland”, sagte der angehende Präsident, der zuvor wiederholt erklärt hatte, dass Russland nicht hinter den Angriffen stehe. Allerdings betonte er, dass Russland die Angriffe nicht zu seinem Vorteil durchgeführt habe. Sein gutes Verhältnis zu Moskau beschrieb Trump als Stärke und nicht als Belastung.
Freiheit der vierten Gewalt in Gefahr?

Das eigentlich Interessante an der Pressekonferenz war allerdings nicht der Inhalt, sondern Trumps Umgang mit den anwesenden Pressvertretern. Sein Verhältnis zu den Medien war immer schon sehr angespannt. Und so eröffnete er auch diese Pressekonferenz, indem er die Medien dafür kritisierte, dass sie Falschmeldungen über ihn und seine Kampagne publiziert hätten. Das Medienportal Buzzfeed hatte einen Tag vor der Pressekonferenz ein 35-seitiges Dokument veröffentlicht, in dem Trump und seinem Lager Verbindungen zu Russland unterstellt werden. Auch CNN berichtete über das nicht-verifizierte Dossier, das von einem ehemaligen britischen Geheimdienstmitarbeiter erstellt worden sein soll. Über die Veröffentlichung war Trump so verärgert, dass er CNN- und Buzzfeed-Reporter auf der Pressekonferenz gar nicht erst zu Wort kommen ließ. „Du nicht, Deine Organisation ist furchtbar. […] Du bekommst keine Frage. Du produzierst Falschmeldungen”, bekam CNN-Korrespondent Jim Acosta zu hören, als er eine Frage stellen wollte.
Mit seiner langen „Pressepause“ und seinem Auftritt wollte Trump vor allem eines beweisen: dass er sich nicht an die Spielregeln des Weißen Hauses und seiner Vorgänger hält und dass er der Beziehung zwischen US-Präsident und Medien neue Grenzen setzen wird. Josh Earnest, der seit 2014 Pressesprecher des Weißen Hauses ist, zeigt sich besorgt über diese Entwicklung: „Der tägliche Austausch zwischen dem Weißen Haus und der Presse ist gut für unsere Demokratie und ermöglicht es, diejenigen zur Rechenschaft ziehen, die an der Macht sind.“
Als angehender Präsident sollte Trump eigentlich für das gesamte Land stehen, doch Trump unterteilt „sein Volk“ weiterhin in Gut und Böse. Respekt zeigt er nur denjenigen, die im wohlgesonnen sind. Das gilt insbesondere für die Medien. Er bricht mit Normen und versucht, die Presse zu kontrollieren, indem er sie einschüchtert. Dieser ungewöhnlichen Situation müssen sich die Medien gewachsen zeigen und für die Freiheit der vierten Gewalt kämpfen.
Iris Froeba, Policy Analyst and Media Officer, Transatlantisches Dialogprogramm, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.