Trumps Dekrete-Marathon – Die ersten Tage des neuen US-Präsidenten im Weißen Haus

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Seit Trumps Wahlsieg gab es in den USA unzählige Demonstrationen (CC BY-NC 2.0/ flickr.com cisc1970)

Sein Kugelschreiber war Präsident Trumps treuester Begleiter während seiner ersten beiden Amtswochen. Fast kein Tag ist bisher vergangen, ohne dass Trump ein präsidentielles Dekret unterschrieben hat: Der Bau einer Grenzmauer zu Mexiko, der Austritt aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP), das Einreiseverbot für Bürger aus sieben muslimischen Staaten, die Veränderung der Struktur des Nationalen Sicherheitsrates sowie die Ankündigung, den angeblich massiv begangenen Wahlbetrug bei der Präsidentschaftswahl im November 2016, bei dem drei Millionen Wähler illegal ihre Stimme abgegeben haben sollen, untersuchen zu lassen.

Trumps Vorstöße sorgten für Entrüstung in den USA und dem Rest der Welt. In all dem Aufruhr gehen die eigentlichen Beweggründe für seine Maßnahmen aber unter. Präsident Trump und seine engsten Berater lehnen sich derweil zurück und genießen den Tumult, den sie entfachen. Sie führen einen offenen Krieg gegen die politischen Eliten in Washington und das Establishment der eigenen Partei.

Weichenstellung für 2020

Die republikanische Parteielite hat nach der Amtseinführung von Donald Trump ein abgestimmtes Regieren erwartet – eben so, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Doch Präsident Trump regiert nicht im herkömmlichen Sinne, sondern setzt alles daran, seine populistischen Wahlversprechen im Alleingang umzusetzen. Nach seinem überraschenden Wahlsieg betonten viele Republikaner, dass man den angehenden Präsidenten nicht wörtlich nehmen solle. Doch Trump hat sie eines Besseren belehrt. Rückblickend dürfte eigentlich niemand überrascht sein. Hinter seinem Handeln steht seit dem ersten Tag seiner Kandidatur eine klar populistische, neo-rechte Ideologie. Nicht zuletzt seine „America First”-Rhetorik entschied die Wahl im November. Der Erfolg bestätigte Trump in seinem Handeln und die Strategie seines Chefberaters Steven Bannon. Beide sind der Überzeugung, mit dieser Ausrichtung auch erfolgreich regieren und sich die Wiederwahl sichern zu können.

Trumps Behauptungen über den angeblichen Wahlbetrug streiten alle Verantwortlichen unisono ab. Doch Trumps Vorstoß ist nur ein erster Schritt hin zu Gesetzen, die es einigen demokratisch wählenden ethnischen Gruppen erschweren soll, an die Wahlurne zu gehen. Seine Berater wissen ganz genau, dass die Demokraten auch künftig einen Vorteil aus dem demografischen Wandel ziehen können und werden. Dieser Vorteil kann nur durch Unterdrückung und Einschüchterung von Wählern reduziert werden.

Den Sumpf trockenlegen

Präsident Trump und seinen neo-rechten Beratern geht es auch darum, die Bundesebene und ihre politischen Eliten bis zur Unkenntlichkeit zu schwächen. Für die neo-rechten Vordenker der „Alt-Right-Bewegung“ liegt die eigentliche Macht des Staates auf der Ebene der Kommunen und Bundesstaaten. Der Bund sei nur dafür verantwortlich, die Grenzen zu sichern und für die Landesverteidigung zu sorgen. Aus ihrer Sicht sollte man die Bundesebene entmachten, indem man sie politisch und finanziell in den Bankrott treibt. So würden auch die politischen Institutionen und Eliten weiter marginalisiert werden.

Donald Trump ist nicht zu zähmen

Politische Beobachter und besorgte Bürger haben sich nach der Wahl gefragt, wie Trump es schaffen wird, seine überzogenen Wahlkampfversprechen zu erfüllen. Man glaubte, sein politisches Handeln in und durch Washington zähmen zu können. Doch die ersten Amtstage des Präsidenten zeigten, dass sich erneut alle in ihm getäuscht haben. Und dies wird sich auch auf absehbarere Zeit nicht ändern.

Zwar startet der neue Präsident mit sehr niedrigen Beliebtheitswerten (38 Prozent) in seine erste Amtszeit. Doch unter dem harten Kern der republikanischen Wählerschaft ist seine Popularität in der vergangenen Woche von siebzig auf achtzig Prozent gestiegen. Und genau diese Wählergruppe geht bei den parteiinternen Vorwahlen an die Urne. In Anbetracht dieser Zahlen muss es sich jeder republikanische Abgeordnete im US-Kongress zweimal überlegen, das Handeln des Präsidenten zu kritisieren oder Gesetzesentwürfe zu unterstützen, die das Weiße Haus nicht umsetzen will. Ansonsten können sie davon ausgehen, dass der Präsident Stimmung gegen sie machen wird.

Die letzte Woche hat deutlich gezeigt, dass politikwissenschaftliche Bücher über das Regieren in den USA ein neues Kapitel benötigen.

Claus Gramckow ist Repräsentant USA und Kanada beim Transatlantischen Dialogprogramm der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit