Ein Wolf im Schafspelz? Neuer Anlauf für den U.S.- Einreisestopp

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Über einen Monat feilte die Trump-Administration an der Überarbeitung des Einreisedekrets, das Ende Januar in einer überstürzten Aktion kurz nach Donald Trumps Amtsantritt unterzeichnet wurde. Trumps Initiative löste internationale Kritik und Verunsicherung aus und sorgte für Chaos an amerikanischen Flughäfen. Schließlich stuften amerikanische Gerichte den Erlass als verfassungswidrig ein und setzten das Einreiseverbot außer Kraft.

Beim zweiten Anlauf soll nun alles anders werden. Nach Angaben des Weißen Hauses fanden in den vergangenen Wochen intensive Beratungsgespräche mit dem Justiz-, dem Heimatschutz- sowie dem Außenministerium statt. Diesmal sollen zudem alle involvierten Behörden über die neuen Regelungen im Bilde sein. Auch Kongressabgeordnete bekamen schon vor der Unterzeichnung ein Merkblatt mit wichtigen Informationen zum neuen Dekret. Außerdem sollen die neuen Regelungen nicht ab sofort, sondern erst ab dem 16. März greifen, um Chaosszenen an Flughäfen zu vermeiden.

Kritik durch Ablenkungsmanöver vermeiden

Die überarbeitete Version sollte bereits am 1. März, also einen Tag nach Donald Trumps Rede vor dem Kongress, unterschrieben werden. Nachdem der Präsident für seine Rede aber überwiegend positive Kritik bekam, sahen seine Berater davon ab, diesen ungewöhnlichen Moment mit möglichen negativen Schlagzeilen über ein neues Einreiseverbot zunichte zu machen. Doch die Presse musste gar nicht lange auf neues Futter warten. Kurz nach Trumps Rede wurde bekannt, dass Justizminister Jeff Sessions dem Senat bei einer Anhörung unter Eid zwei Treffen mit dem russischen Botschafter während des Wahlkampfes verschwiegen hatte. Damit bestimmte erneut ein Vertreter der Trump-Administration die Schlagzeilen amerikanischer und internationaler Zeitungen.

Doch das Weiße Haus konnte die Unterzeichnung des neuen Dekrets nicht viel länger herauszögern. Deshalb griff Donald Trump persönlich am Wochenende zum Smartphone, um die Aufmerksamkeit von Jeff Sessions Russlandverbindungen und dem Einreiseverbot abzuwenden. Per Twitter warf er seinem Amtsvorgänger Barack Obama vor, dass er ihn in der letzten Wahlkampfphase habe abhören lassen, um seine Präsidentschaftskandidatur zu sabotieren. Dann unterzeichnete der Präsident den neuen Erlass, diesmal allerdings ohne Medien und laufende Kameras. Zeitgleich stellten Außenminister Rex Tillerson, Justizminister Jeff Sessions sowie Heimatschutzminister John F. Kelly die Inhalte der überarbeiteten Version vor.

Neues Dekret, alte Probleme?

Der ursprüngliche Erlass sah vor, dass Staatsbürger aus dem Irak und Iran, aus Libyen, Somalia, Syrien, dem Sudan und Jemen für die folgenden 90 Tage nicht mehr in die USA einreisen dürften. Das galt auch für diejenigen Bürger dieser Länder, die im Besitz eines Visums oder einer Green Card sind, sich zum Zeitpunkt der Dekretunterzeichnung aber außerhalb der USA aufhielten. Außerdem plante der Präsident mit seinem ersten Erlass, das U.S.-Flüchtlingsprogramm für vier Monate auszusetzen und syrische Flüchtlinge auf unbestimmte Zeit nicht mehr aufzunehmen.

Der jetzige Erlass soll das ursprüngliche Dekret abmildern, nicht zuletzt um rechtliche Probleme der Ursprungsversion auszuräumen und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Die wesentlichste Änderung ist, dass der Irak von der Liste der ursprünglich sieben muslimisch geprägten Länder gestrichen wurde. Sowohl das Außenministerium als auch das Verteidigungsministerium hatten darauf gedrängt, den Irak vom Einreiseverbot auszuschließen. Zuvor hatte der irakische Premierminister Haider al-Abadi den USA mit entsprechenden Gegenmaßnahmen gedroht. Nach einem Treffen zwischen U.S.-Verteidigungsminister Jim Mattis und Premierminister al-Abdi waren sich beide Seiten aber darüber einig, dass die Allianz zwischen der USA und dem Irak im Kampf gegen den Islamischen Staat zu bedeutsam sei. Die irakische Regierung willigte deshalb ein, Reisende und Flüchtlinge aus dem Irak besser zu überprüfen.

Der überarbeitete Erlass sieht außerdem vor, dass Staatsbürger aus den betroffenen Ländern, die eine Green Card besitzen und damit über einen legalen dauerhaften Aufenthaltsstatus in den USA verfügen, sowie Staatsbürger, die ein gültiges Visum für die USA haben, nicht unter das neue Einreiseverbot fallen. Auch diejenigen, die eine doppelte Staatsbürgerschaft haben, wie etwa Iraner, die einen deutschen Pass haben, sind von den Regelungen ausgeschlossen.

Zudem soll das zuvor unbegrenzte Einreiseverbot für syrische Flüchtlinge auf 120 Tage beschränkt werden. Flüchtlinge, deren Antrag bereits bewilligt wurde und die schon auf dem Weg in die USA sind, wird die Einreise gewährt. In dem ursprünglichen Dekret wurde Christen aus den muslimischen Ländern die Einreise in die USA weiterhin gewährt, nicht aber Muslimen. Damit der Erlass nicht weiterhin als „Muslim ban“ bezeichnet wird, gilt das Einreiseverbot jetzt auch für religiöse Minderheiten aus den betroffenen Ländern.

Gegenwind kommt auf

Die Demonstrationen lassen nicht nach. (Quelle: CC BY 2.0/ flickr.com Fibonacci Blue)

Nicht überraschen dürfte, dass Trumps Plan, die Aufmerksamkeit vom Einreiseverbot abzuwenden, nicht ganz aufgegangen ist. Demonstranten, Anwälte, Richter sowie Bürgerrechtsorganisationen haben sich bereits in Stellung gebracht, um auch diesen Erlass herauszufordern. Omar Jadwat von der American Civil Liberties Union erklärte, dass das Kernproblem, die religiöse Diskriminierung, trotz der Änderung weiterhin bestehe und dass damit auch der neue Erlass verfassungswidrig sei. Das Einreiseverbot richte sich nach wie vor gegen Länder, die mehrheitlich muslimisch sind.

„Die neue Ausführung hat dieselben fatalen Schwachstellen wie die Ursprungsversion“, so Jadwat. „Der einzige Weg, den ‚Muslim Ban‘ faktisch in Ordnung zu bringen, ist, ihn komplett abzuschaffen.“ Präsident Trump könne sich darauf einstellen, dass sowohl die Gerichte als auch die Bürgerinnen und Bürger sich weiterhin gegen die Maßnahme stellen würden. Auch der Justizminister des Staates New Yorks, Eric T. Schneiderman, meldete sich umgehend zu Wort: „Das Weiße Haus hat das Einreiseverbot zwar abgeändert. Die Absicht, mit dem Einreiseverbot Muslime zu diskriminieren, bleibt aber offensichtlich.“

Es war in erster Linie die überstürzte und amateurhafte Umsetzung des Einreiseverbotes, die internationale Kritik hervorrief. Szenen von in Handschellen gelegten Fünfjährigen waren Wasser auf die Mühlen von Trumps Kritikern. Ob ein solches Vorgehen aber verfassungswidrig ist, obliegt nicht der öffentlichen Meinung, sondern der Einschätzung von Gerichten. Die Ereignisse im Januar haben gezeigt, dass die Gewaltenteilung in den Vereinigten Staaten nach wie vor funktioniert. Inwieweit die Judikative den angekündigten Klagen von Bürgerrechtsorganisationen gegen den neuen Einreisebann stattgeben wird, bleibt abzuwarten.

 

Iris Froeba ist Policy Analyst und Media Officer beim Transatlantischen Dialogprogramm der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Washington.