
Donald Trump ist wieder zurück in Washington, DC. Neun Tage war er im Ausland unterwegs, reiste nach Saudi-Arabien, Israel, in den Vatikan, zum G7-Treffen nach Italien und zum NATO-Gipfel nach Belgien. Was aber bleibt am Ende übrig von der ersten Auslandsreise des neuen US-Präsidenten? Einerseits Zufriedenheit und Erleichterung bei den Saudis, andererseits Ungewissheit und Empörung bei den europäischen Verbündeten.
Schmusekurs in Saudi-Arabien, Konfrontation in Europa
Lässt man Trumps Auslandsreise Revue passieren, findet man sich in einer verkehrten Welt wieder. Im autokratischen Saudi-Arabien predigte der US-Präsident Partnerschaft und Zusammenarbeit. Er sicherte den Saudis seine Unterstützung zu und betonte, dass er ihnen keine Lektion erteilen und sich nicht in ihr Leben einmischen wolle. Dabei legte er die Rolle des populistischen Wahlkämpfers ab und zeigte sich von einer neuen, versöhnlicheren Seite. In Europa warteten die US-Verbündeten jedoch vergebens auf den Versöhner Trump. Seine öffentliche Rede vor dem neuen NATO-Hauptquartier entpuppte sich als Standpauke für die restlichen Mitgliedstaaten. Präsident Trump verfiel wieder in seine alte Wahlkampfrhetorik. Schon so oft hatte er den NATO-Partnern vorgeworfen, nicht genug Geld für das Militär auszugeben. Dass er seiner Mahnung jetzt aber vor versammelter Mannschaft Nachdruck verlieh und darüber hinaus darauf verzichtete, sich explizit zu Artikel 5 der NATO-Charta – also der gegenseitigen Beistandspflicht – zu bekennen, sorgte zu Recht für Entrüstung. Auch beim G7-Gipfel in Sizilien war von Harmonie und Miteinander nicht viel zu spüren. Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada und das Vereinigte Königreich mussten sich mit Minimalkompromissen zufriedengeben. Die erhoffte Einigkeit unter sizilianischer Sonne blieb aus.
Vom Bierzelt in die Welt
Während Trump auf Twitter verkündete, dass seine Reise ein großer Erfolg für Amerika war, brachte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Unmut über die missglückten Gipfeltreffen öffentlich zum Ausdruck und rief Europa zu mehr Eigenständigkeit auf. „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, sind ein Stück weit vorbei“, stellte die Kanzlerin fest. Einen Tag später wiederholte sie ihre Äußerungen in Berlin und warnte vor Trumps Isolationspolitik, ohne ihn dabei jedoch namentlich zu erwähnen. Dabei waren die Aussagen der Kanzlerin weder impulsiv noch kamen sie aus heiterem Himmel. Schon vor dem offiziellen Amtsantritt von Donald Trump hatte sie Anfang des Jahres gemahnt, dass es auch für die transatlantische Partnerschaft keine „Ewigkeitsgarantie“ gebe und dass Europa mehr Verantwortung in der Welt übernehmen müsse.
Das Timing ihrer jüngsten Mahnung – kurz nach dem G7-Gipfel war das Entsetzen über Trumps rüpelhaften Auftritt in Europa bei vielen noch groß – sorgte jedoch dafür, dass ihr Bierzelt-Auftritt nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA hohe Wellen schlug. So schrieb die Washington Post: „Dank Trump verkündet Deutschland, dass es sich nicht mehr auf die Vereinigten Staaten verlassen kann.“ Unter der Schlagzeile „Nach einem unharmonischen G7-Gipfel erwägt Merkel Alternativen zu Trump“ spricht man in der New York Times von einer „potenziellen tektonischen Verschiebung der transatlantischen Beziehungen.“ Und bei CNN hieß es: „Wie ein einziger Satz von Angela Merkel aufzeigt, was Trumps Präsidentschaft für die Welt bedeutet.“
Zusammenarbeit neu definieren
Der Europa-Besuch des US-Präsidenten sollte die transatlantischen Beziehungen festigen. Doch nach seiner Rückkehr in die USA und Merkels öffentlicher Rüge wird nun darüber diskutiert, ob das Ende der transatlantischen Partnerschaft naht.
Einmal tief durchgeatmet lässt sich diese Frage schnell beantworten: Nein, das vergangene Wochenende hat nicht das Ende der transatlantischen Partnerschaft herbeibeschworen. Präsident Trumps Auftritt auf den Gipfeltreffen hat das transatlantische Gerüst sicherlich zum Wackeln gebracht. Was wackelt, muss aber längst nicht in sich zusammenbrechen. Der Frust über Trump und die Sorgen über die gemeinsame Zukunft sind derzeit groß. Doch das Bündnis zwischen Europa und den USA ist keine Momentaufnahme. Es beruht auf jahrzehntelanger Zusammenarbeit, die nicht innerhalb einer Amtszeit ausradiert werden kann.
Bei der 11. Rede zur Freiheit der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit mahnte Christian Lindner deshalb, dass aus aktuellen Irritationen keine dauerhafte Entfremdung werden dürfe. „Die USA sind nicht Donald Trump und es verbindet uns mehr mit den Vereinigten Staaten als eine einzige Präsidentschaft gefährden könnte“, so Lindner.
Spricht man über die transatlantischen Beziehungen, dann fallen nur allzu oft im selben Atemzug die Schlagwörter „gemeinsame Werte“ und „geteilte Interessen“. Seit Jahrzehnten bilden sie den Grundstein der transatlantischen Partnerschaft. Doch die weltpolitischen Gegebenheiten ändern sich stetig und es reicht längst nicht mehr aus, in alten Erinnerungen zu schwelgen. Auf beiden Seiten des Atlantiks müssen die Interessen neu definiert und gegebenenfalls justiert werden. Und über etwaige Neuausrichtungen muss sich kontinuierlich ausgetauscht werden. Auch Christian Lindner akzentuierte in seiner Rede zur Freiheit, dass ein Austausch mit den USA zwingend notwendig sei: „Der Dialog muss gerade dann, wenn es große Meinungsunterschiede gibt, besonders intensiv fortgesetzt werden“, erklärte der Parteichef der Liberalen.
Europa und die USA sind sowohl sicherheits- als auch handelspolitisch aufeinander angewiesen. Diese Realität kann auch Präsident Trump nicht ändern. Mit einer neuen Führung im Weißen Haus und sich verändernden Machtverhältnissen in Europa wird die transatlantische Partnerschaft über die Jahre einen neuen Anstrich bekommen. Doch im Kern wird das Gerüst auch zukünftigen Turbulenzen standhalten.
Iris Froeba ist Policy Analyst und Media Officer beim Transatlantischen Dialogprogramm der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Washington.