Selten war das Interesse an einem G20-Gipfel so hoch wie in diesem Jahr. Und keiner der teilnehmenden Staats- und Regierungschefs wurde im Vorfeld des Gipfeltreffens so häufig gegoogelt wie Donald Trump. Nachdem seine erste Auslandsreise Ende Mai wohlwollend als „holprig“ charakterisiert worden war, war die Öffentlichkeit gespannt, wie er sich auf dem internationalen Parkett der G20 schlagen würde. Donald Trump feierte auf Twitter das Gipfeltreffen als „großen Erfolg für die USA.“ Doch wie sehen das seine Beobachter?
Neben den G20-Gewaltexzessen in Hamburg zogen sich das fehlende Vertrauen in den neuen U.S.-Präsidenten und der sinkende Einfluss der Vereinigten Staaten wie ein roter Faden auch durch die internationale Medienberichterstattung. Das wohl vernichtendste Zeugnis stellte der australische Journalist Chris Uhlmann aus. In einem Video, das bereits zehntausendfach geteilt wurde, fand Uhlman, der selbst als politisch konservativ gilt, klare, aber auch gewagte Worte: Donald Trump sei eine „beunruhigende, einsame und unbeholfene Gestalt“, die „weder die Lust noch die Fähigkeit“ dazu habe, die Welt zu führen.
Nach dem G20-Gipfeltreffen seien die USA isoliert und stünden ohne Partner da. Auch die auflagenstärksten U.S.-Zeitungen stimmten in dieses Fazit mit ein.
So hieß es bei USA Today: „G20 minus 1: Wie Trump die Art der amerikanischen Führung auf dem globalen Gipfeltreffen veränderte“, während die New York Times resümierte: „Einst dominierend, ist die USA auf diesem G20-Gipfel isoliert.“ Sei es beim Klimawandel oder beim Freihandel, „die Welt richtet sich gegen Trump“, verkündete die Chicago Tribune. Laut Washington Post habe Trump bei seinen Amtskollegen vor allem eines hinterlassen: Zukunftsängste.
Als konservativ geltende Medien wie Fox News, die New York Post oder One America News fokussierten ihre Berichterstattung weitgehend auf das mit Spannung erwartete Treffen zwischen Trump und Putin, sowie auf die Beteiligung des New Yorker Bürgermeisters und Trump-Gegners Bill de Blasio an Kundgebungen der G20-Kritiker.
Mit seinem Auftritt in Hamburg wollte de Blasio seinem Publikum vor Augen führen, dass nicht alle Amerikaner Trumps Haltung unterstützen. „Zum jetzigen Zeitpunkt gleicht Washington fast einer Insel, die die Ansichten der meisten Amerikaner nicht repräsentiert. Um damit umzugehen brauchen wir eine andere Art von Politik“, so de Blasio.
Außenpolitische Beobachter sind sich weitestgehend einig, dass die Isolierung der USA auf dem G20-Gipfel ein klarer Indikator dafür ist, dass der Einfluss der USA auf der internationalen Bühne abnimmt. „Insgesamt war die Reise eher eine Hinwendung zum Nationalismus als zum Internationalismus“, zieht Richard Haas, Vorsitzender des Council on Foreign Relations, Bilanz. Sein Kollege Stephen Sestanovich fügt dem hinzu: „Schlussendlich wird sich zeigen, dass Trump Amerika nicht etwa großartig, sondern schwächer, isolierter und unfähiger im Umgang mit internationalen Herausforderungen gemacht haben wird.“
Auch von Außenpolitik-Experte Max Boot bekommt Trump für seinen Auftritt auf dem G20-Gipfel nur die Note 4. Seine erste Auslandreise hatte er mit einer glatten 5 bewertet. Doch diesmal habe sich der Präsident in Polen immerhin zu Artikel 5 der NATO-Charta – also der gegenseitigen Beistandspflicht – bekannt. Boot tadelt: „Sein hirnrissiges Verhalten ist zu Hause schon schlimm genug; auf Auslandsreisen, auf denen er nicht nur seine fanatische Basis, sondern das ganze Land repräsentiert, ist es noch viel schlimmer.“
Studiert man die Kommentare zu Präsident Trumps Treffen mit Amtskollege Putin, ist anzunehmen, dass er für dieses Gespräch wohl nur die Teilnote 5 verdient hat. In dem Gespräch wies Putin vehement zurück, dass Russland die U.S.-Präsidentschaftswahl beeinflusst habe. „Wenn Putin das sagt, dann wird das wohl schon so stimmen“ – so oder so ähnlich muss sich das Donald Trump gedacht haben, als er nach dem Treffen mitteilte, dass es an der Zeit sei, die Vorwürfe russischer Wahlmanipulation hinter sich zu lassen. Am Sonntag legte er nach und verkündete den Aufbau einer russisch-amerikanischen Sondereinheit zur Cybersicherheit. Für diesen Vorstoß regnete es in den USA harsche Kritik – sowohl von Demokraten als auch Republikanern.
Eine Zusammenarbeit mit Russland im Bereich Cybersicherheit sei, als würde man „mit einem Typen der in dein Haus eingebrochen ist, eine Arbeitseinheit zum Thema Einbruch gründen“, spottete der frühere Verteidigungsminister Ashton B. Carter.Der republikanische Senator Lindsey Graham hielt dazu fest: „Das ist zwar nicht die dümmste Idee, die ich je gehört habe, aber es kommt der Sache ziemlich nahe.“
Senator Marco Rubio meldete sich ebenfalls auf Twitter zu Wort: „Mit Putin im Rahmen einer Einheit zur Cybersicherheit zusammenzuarbeiten ist so ähnlich, als würde man gemeinsam mit Assad eine Chemiewaffeneinheit aufbauen.“
Außenpolitik-Experte Max Boot fügt dem noch hinzu: „Was kommt als nächstes? Ein Menschenrechtsreferat mit Bashar al-Assad und eine Einheit zur Nichtverbreitung von Kernwaffen mit Kim Jong-un?“ Nach dieser verheerenden Kritik rückte der Präsident von seinen Plänen wieder ab.
Auch wenn das Gipfeltreffen bei Weitem nicht fehlerfrei verlief, gab es diesmal dennoch weniger Situationen, bei denen uns der U.S.-Präsident an einen Elefanten im diplomatischen Porzellanladen erinnerte, wie noch bei seiner ersten Auslandsreise. Trotzdem hat der G20-Gipfel Spuren hinterlassen und weiter Zukunftsängste bei den Amerikanern geschürt, die sich in den Kommentaren und Schlagzeilen deutlich widerspiegeln.
Iris Froeba, Policy Analyst und Media Officer, Transatlantisches Dialogprogramm der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Washington.