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Reformmaßnahmen für mehr Glaubwürdigkeit
Im Gespräch mit freiheit.org erklärt Savannah Fox, Human Rights Fellow der Young Professionals in Foreign Policy, warum der UN-Menschenrechtsrat unverzüglich Reformmaßnahmen ergreifen muss.
Der UN-Menschenrechtsrat (UNHRC) löste im Rahmen der vom damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan vorangetriebenen Reform der Vereinten Nationen im Juni 2006 die UN-Menschenrechtskommission (UNCHR) ab, die wegen Vorwürfen der Ineffizienz und Politisierung immer weiter in die Kritik geriet. Seit über zehn Jahren trägt nun also der UN-Menschenrechtsrat zur Förderung der Menschenrechte bei. Frau Fox, was hat sich seitdem verändert? Ist der Menschenrechtsrat effizienter als sein Vorgänger?

Die Menschenrechtskommission existierte 59 Jahre lang und wurde zum Symbol für die Ineffizienz der Vereinten Nationen (UN). Nachdem die Kommission 2005 aufgelöst wurde, durchlief ihr Nachfolger, der Menschenrechtsrat, drei grundlegende Veränderungen, um den wichtigsten Herausforderungen, mit denen die Kommission zu kämpfen hatte, zu begegnen. Zunächst wurde das Wahlsystem, das zu Zeiten der Kommission auf geheimen Absprachen beruhte, in ein vermeintlich offenes Wahlsystem umgewandelt. Seither werben die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen jedenfalls theoretisch um die Mehrheit der Stimmen, um einen der 47 Sitze im Menschenrechtsrat zu gewinnen. Außerdem müssen sich nun alle 193 UN-Mitgliedstaaten einer regelmäßigen Überprüfung ihrer Menschenrechtsbilanz unterziehen, um zu vermeiden, dass nur die Staaten ins Visier genommen werden, deren Lobby zu gering ist, um eine Anprangerung zu verhindern. Zu guter Letzt wurde beschlossen, dass sich der Rat über das gesamte Jahr hinweg versammeln muss. Die UNCHR kam nur alle sechs Wochen zusammen, was die Produktivität der Kommission hemmte.
Diese Reformschritte sollten einen ethischen und transparenten Menschenrechtsrat garantieren. Doch noch immer gibt es einige zentrale Verfahren, die zur moralischen Korruption des Rates beitragen und die dringend geändert werden müssen, um die Glaubwürdigkeit und den Einfluss des Gremiums zu wahren. So ist es beispielsweise immer noch an der Tagesordnung, über die Ratsmitgliedschaft in Hinterzimmern zu verhandeln und den „kompetitiven Wahlprozess“ so zu umgehen. Außerdem haben es die UN-Regionalgruppen zur Regel gemacht, nur so viele Staaten zur Wahl zu stellen, wie es offene Sitze für die jeweilige Gruppe gibt. Das schränkt die Wettbewerbsfähigkeit des Wahlsystems erheblich ein.
Viele Beobachter knüpften große Hoffnung an die regelmäßigen Überprüfungen, die mit dem Menschenrechtsrat eingeführt wurden. Doch obwohl die Einführung der Überprüfungen ein bedeutender Schritt hin zu mehr Transparenz war, handelt es sich dabei letztendlich um bloße Worte ohne die Verantwortlichen tatsächlich zur Rechenschaft zu ziehen. Viele Menschrechtsverletzer stellen sich daher der Überprüfung, wohl wissentlich, dass es in der Vergangenheit erst ein Land gab, das sich den Konsequenzen stellen musste: 2011 wurde Libyens Mitgliedschaft wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen oppositionelle Demonstranten durch Muammar al-Gaddafi aufgehoben.
Gerade erst hat die Trump-Administration bekannt gegeben, dass die USA die UN-Kultur- und Bildungsorganisation UNESCO verlassen werden. Diesen Sommer drohte die Trump-Administration außerdem damit, aus dem UN-Menschenrechtsrat wegen dessen Voreingenommenheit gegenüber Israel und der Zusammesetzung des Rates im Hinblick auf die Mitglieder auszutreten. Die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, erklärte kurz darauf jedoch, dass die USA den Menschenrechtsrat nicht verlassen werden. Das Gremium müsse sich aber verbessern. Frau Fox, wie sehen Haleys Reformpläne aus?

Richtig. Im Juni 2017 stellte UN-Botschafterin Haley Reformen vor, die sie für notwendig hält, um die Legitimität des Menschenrechtsrates wieder herzustellen. Die Reformen zielen auf zwei verschiedene Bereiche ab: Zum einen auf den Wahlprozess und zum anderen auf die Voreingenommenheit gegenüber Israel. Um für mehr Wettbewerb bei der Wahl zu sorgen, müssten alle Regionalgruppen mehr Staaten zur Wahl stellen, als es Sitze zu vergeben gibt. Die Botschafterin fordert außerdem ein Ende der geheimen Abstimmungen. Im Moment verläuft die Wahl geheim, was dazu führt, dass die Staaten Hinterzimmerabsprachen treffen und für Länder mit verheerenden Menschenrechtsbilanzen votieren, ohne dabei die Kritik der Öffentlichkeit fürchten zu müssen. Durch einen transparenteren Wahlprozess erhofft man sich, dass es weniger geheime Absprachen geben wird und so auch die Anzahl der Menschenrechtsverletzer, die in den Rat gewählt werden, abnimmt, weil die Öffentlichkeit die Staaten für ihre Stimmabgabe zur Rechenschaft ziehen kann.
Zudem will Haley gegen die Voreingenommenheit des Menschenrechtsrates gegenüber Israel angehen. Seit 2012 häufen sich die Beschlüsse gegen Israel. Hinzu kommt, dass Israel das einzige Mitglied ist, dem ein separater Tagesordnungspunkt auferlegt wurde. Und zwar der Tagesordnungspunkt 7: “Die Lage der Menschenrechte in Palästina und in den besetzten arabischen Gebieten”. Um sein Mandat tatsächlich erfüllen zu können, muss sich der Rat fair und unparteiisch für die Menschenrechte weltweit einsetzen und alle Mitgliedstaaten gleich behandeln. Zwar sollte Israel für seine massiven Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen werden, doch sollte der Rat dies unter Berufung auf Artikel 4 tun, wie er es bei all den anderen Mitgliedstaaten auch tut. Separate Regelungen und Systeme für ein einzelnes Mitglied aufzuerlegen, untergräbt nicht nur die Fähigkeit des Menschrechtsrates unparteilich zu bleiben; es gibt Israel auch schlagende Argumente, die Resolutionen des Rates zurückzuweisen, anstatt auf die Anschuldigungen der Menschenrechtsverletzung einzugehen.
Der Menschenrechtsrat steht also vor erheblichen Herausforderungen. Wie steht es um die Zukunft des Gremiums und was können wir von den anstehenden Wahlen erwarten?
Ende Oktober wird der Menschrechtsrat 15 neue Mitglieder aufnehmen. Die Liste der Staaten, die bereits von den Regionalgruppen für die gekünstelte Wahl vorgeschlagen wurden, lässt darauf schließen, dass das Wahlergebnis düster ausfallen wird. Afrikas fixe Kandidatenliste wird dafür sorgen, dass sowohl die Demokratische Republik Kongo als auch Angola dem Menschenrechtsrat beitreten werden. Die Regionalgruppe Asien hat nur fünf Kandidaten für die vier offenen Sitze vorgeschlagen, sodass entweder Afghanistan oder Katar einen Platz im Rat bekommen wird. Diese drei Länder werden dann also die immer länger werdende Liste von Menschenrechtverletzern zu denen bereits China, die Elfenbeinküste, Kuba, Saudi Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie Venezuela gehören, weiterführen. Natürlich ist es richtig, dass es kein Land mit einer makellosen Menschenrechtsbilanz gibt. Doch das Ausmaß der verabscheuungswürdigen Menschenrechtsverletzungen der genannten Länder, die schon bald dem UN-Menschrechtsrat angehören werden, wird den Einfluss und die Reputation des Gremiums weiter gefährden.
Frau Fox, was müsste sich denn aus Ihrer Perspektive ändern?
Die Vielfältigkeit der UNHRC-Mitglieder verleiht den Entscheidungen des Rates eine Legitimität, die auf dem Gebiet der internationalen Menschenrechte unersetzlich bleibt. Um zu vermeiden, dass der Menschenrechtsrat in die Fußstapfen seines Vorgängers tritt, muss das Gremium jedoch unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um die Transparenz des Wahlprozesses zu erhöhen und einzelne Mitgliedstaaten zur Rechenschaft ziehen, wenn diese gegen die Grundsätze des UNHRC verstoßen. Konkrete Mechanismen, um Menschenrechtsverletzer zur Verantwortung zu ziehen, müssen von den Vereinten Nationen als Ganzes angestoßen werden, um das UNHRC-Mandat, also die faire, zuverlässige und unvoreingenommene Förderung der Menschenrechte, zu erfüllen.
Das Interview führte Iris Froeba, Policy Analyst und Media Officer des Transatlantischen Dialogprogramms der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.
UN-Human Rights Council – Reform Measures for more Credibility
In an interview with freiheit.org Savannah Fox, Human Rights Fellow, Young Professionals in Foreign Policy, explains why the UN Human Rights Council must undergo reform immediately.
Ms. Fox, in 2006 the United Nations Human Rights Council (UNHRC) replaced the United Nations Commission on Human Rights (UNCHR) as part of comprehensive reforms by then UN secretary-General Kofi Annan. The Commission was repeatedly criticized for being politicized and inefficient. Has there been progress with its successor, the Human Rights Council?

During its span of 59 years, the United Nations Commission on Human Rights (UNCHR) became a world-class symbol of United Nations (UN) inefficiency. After it was disbanded in 2005 three main changes were made to its successor, the United Nations Human Rights Council, to address some of the main challenges the UNCHR faced. First, the election system, under which the Commission relied on secret deals, became an open system where states competed for a majority of votes to hold one of the 47 member seats. Second, all 193 UN states must undergo a periodic review of their human rights record in order to abolish the notion of bias between members. Finally, the council must meet throughout the year, rather than only within a six-week time period that hindered the former commission’s productivity.
While these were respectable steps taken in order to create an UNHRC that would be ethical and transparent, there are several key processes that are still at the core of the moral corruption within the council and need to change in order for it to maintain its credibility and influence. Backdoor negotiations for membership are still commonplace and circumvent the “competitive election” system and regional groups have become comfortable with putting forward the exact number of candidates as open seats for their region- completely making elections noncompetitive. Even more, many had great hope for the periodic reviews and while it was a welcomed step towards transparency, the scrutiny of member states are just words without any accountability measures. Many human rights abusers usually bite the bullet and attend the reviews in order to rebuke the evidence, knowing there has only been one country to receive any consequences- Libya in 2011 when its membership was suspended after violent crackdowns by Muammar Qaddafi.
The United States recently announced that it will withdraw from UNESCO at the end of next year. This summer, the Trump administration also warned that the U.S. might leave the Human Rights Council, arguing that it displays anti-Israel bias and ignores violations by certain countries. Despite the criticism, Ambassador Nikki Haley later explained that, “America does not seek to leave the Human Rights Council. We seek to re-establish the council’s legitimacy.” However, Haley asked for reforms. Ms. Fox, what do the proposed reforms look like?

In June 2017 US Ambassador to the United Nations, Nikki Haley, laid out the reforms the United Nations Human Rights Council should take to re-establish the Council’s legitimacy. The reforms fell into two separate areas: elections and the anti-Israel bias of the Council. In regards to elections, the UNHRC must end the “clean slate” approach that many regional blocs have taken in the past. To bring back competition and legitimacy to the election process each regional bloc should have to have more states in the election than open seats. Furthermore, the ambassador is pushing for the abolition of secret voting. Currently, all votes in elections are secret which allows countries to make backroom deals and vote for members with abysmal human rights records without feeling public scrutiny. By making member states go on record the hope is the number of secret deals will decrease and ultimately the number of human rights violators elected to the Council will also decrease due to the public holding countries accountable.
The second area of reform Nikki Haley has pushed for is against the anti-Israel leaning in the Council. Since 2012, there has been more resolutions condemning Israel than resolutions condemning all other member countries combined and Israel is the only country in the Council which is subject to an entirely separate agenda item, Agenda Item 7 “Human Rights situation in Palestine and other occupied Arab territories”. To truly fulfil its mandate, the UNHRC must be fair and impartial when advocating for human rights and should treat all Council member states the same in both praise and condemnation. While Israel should be held accountable for its massive human rights violations, the UNHRC should do so under Article 4 as it does all other member states. To create separate rules and systems for just one country not only undercuts the UNHRC’s ability to be impartial, it also gives Israel and it’s supporters ammunition to dismiss or reject the Council’s resolutions instead of responding directly to the accusations of human rights abuses.
In October the Human Rights Council will elect 15 new members. What can we expect from this upcoming election?
At the end of October, the UNHRC will introduce 15 new member states onto the Council. With the proposed states already in from all regional groups, the outcome of the faux elections looks bleak. Africa has submitted a fix slates which will guarantee both the Democratic Republic of the Congo and Angola to join the UNHRC as member states. In addition the Asia regional group proposed only five states for the open 4 seats, ensuring either Afghanistan or Qatar will claim one of the new member seats. These three countries join a growing list of human rights abusers in the UNHRC which already includes China, Cote d’Ivoire, Cuba, Saudi Arabia, the United Arab Emirates and Venezuela. While it is true that no country has a perfect record in regards to human rights, the extent at which these new additions to the UNHRC are such abhorrent human rights abusers in their own countries will only dilute the power of the UNHRC and erode its reputation even further.
Ms. Fox, what should reforms look like from your point of view?
The diversity of UNHRC membership gives its decisions legitimacy that is irreplaceable in the international human rights field. In order to avoid following in the footsteps of its predecessor — the UN Commission on Human Rights — the UNHRC must take immediate action to increase transparency in elections and hold individual member states accountable when they fail to uphold the council’s principles. The power and accountability mechanisms must come from the UN as a whole in order to preserve the UNHRC’s mandate to advocate for human rights in a fair, reliable, and impartial manner.
The interview was conducted by Iris Froeba, Policy Analyst and Media Officer, Transatlantic Dialogue, Friedrich Naumann Foundation fro Freedom.