
Die Europäische Union ist gegenüber Donald Trump hart geblieben. Das hat sich ausgezahlt.
Nach dem überraschend erfreulichen Ergebnis des Juncker/Trump-Treffens rätseln viele über die Gründe für die unerwartet positive Wendung. Derer gibt es sicherlich viele, aber einer ragt nach Meinung unseres stellv. Vorstandsvorsitzenden Professor Karl-Heinz Paqué weit heraus: die Malmström-Strategie. Er erklärt im Folgenden, was er darunter versteht und warum sie Erfolg hatte – bisher jedenfalls.
Es ist einige Monate her, da verschärfte Donald Trump seine handelspolitische Rhetorik gegenüber der EU. Dies blieb nicht unbeantwortet: Die liberale Handelskommissarin Cecilia Malmström machte früh klar, dass die EU auf US-Strafzölle vorbereitet sein würde, und zwar mit wohldosierter Vergeltung. Die Malmström-Strategie war geboren.
Ein erster Test der beiden Denkschulen stand bisher noch aus: Trump erhob Ende Mai Strafzölle auf Stahl und Aluminium, die EU reagierte mit eigenen Strafzöllen auf Jeans, Motorräder, Whiskey sowie Agrarprodukte – ganz im Sinne der Malmström-Strategie, und zwar konzentriert auf Branchen in Trump-geneigten ländlichen Bezirken. Bis zum Juncker/Trump-Treffen war unklar, wer Recht behalten würde. Nach dem Treffen sieht es allerdings aus, als würden die Vertreter der Malmström-Strategie näher an der Wahrheit liegen. Offenbar entstand quer übers Land ein lauter Protest gegen die erste Stufe der protektionistischen Eskalation, die den US-Präsidenten wohl zurückschrecken ließ. Erstmalig zeigte sich deutlich ein Riss in Trumps Anhängerschaft, die offenbar doch nicht unbegrenzt bereit ist, dessen Vorstellung des “Make America Great Again” zu folgen – jedenfalls dann nicht, wenn es ihre wirtschaftlichen Interessen betrifft.Dies ist eine überaus wichtige Botschaft und Lehre. Die USA sind eben eine reife Demokratie, in der ein Präsident nicht einfach über die Interessen seiner Bevölkerung hinwegsehen kann, ohne mit empfindlichen Abstrafungen rechnen zu müssen. Hinzu kommt, dass es beim Handel eben doch stärker um ökonomische Argumente geht – und weniger um den Nationalstolz, auf den Donald Trump offenbar setzte. Dies gilt umso mehr, als Trump wenige Tage zuvor bei seinem Treffen mit Putin in Helsinki gerade diesen Nationalstolz eher verletzt als befördert hatte – mit seinem demonstrativen Misstrauen gegenüber den eigenen Geheimdiensten und einem grotesken Glaubensbekenntnis zu Putin.
Ergebnis: Donald Trump ist keineswegs der autistische Polit-Elefant, der ohne Rücksicht auf die Reaktion des Rests der Welt drauflostrampelt. Das ist eine große Chance. Vielleicht hat er auch verstanden, dass es mit Blick auf China ohnehin keine gute Zeit ist, sich Europa zum Gegner zu machen. Wenn dem so ist, muss die EU die Gelegenheit nutzen, die Idee eines transatlantischen Freihandelsabkommens wiederzubeleben – mit dem längerfristigen Ziel, auch neue WTO-Regeln ins Auge zu fassen, um den Staatskapitalismus Chinas in Richtung Marktwirtschaft zu domestizieren. Klar ist: Wenn Europa und die USA sich zusammentun, dann wird China unter Druck kommen, seine merkantilistischen Ziele und industriepolitischen Programme zu überdenken. Denn als schnell wachsender “Exportweltmeister” kann es sich China nicht leisten, in einer neuen Welthandelsordnung außen vor zu bleiben.
Es bleiben allerdings die innereuropäischen Probleme: Die EU wird nur kraftvoll auftreten können, wenn sie sich wirklich am Abbau des Protektionismus interessiert zeigt, auch in der Automobilbranche und in der Landwirtschaft. Da muss noch viel interne Überzeugungsarbeit geleistet werden, denn die “alten” Gegner von TTIP sind nicht verschwunden, seien es nun französische Bauern oder deutsche Grüne und Sozialisten. Vor einem Jahr sagte Cecilia Malmström in Hamburg: “We put TTIP into the freezer”. Ein Jahr später sind wir dabei, TTIP aus der Tiefkühltruhe endlich wieder herauszunehmen. Man kann nur hoffen, dass nicht nur Trump, sondern auch die Europäer dazu gelernt haben.
Professor Karl-Heinz Paqué, stellv. Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.