
Nicht gänzlich umsonst wird der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro oft als „Tropen-Trump“ bezeichnet. Beide Männer eint ein politisches Kalkül, durch Spaltung, Angst und Wut Unterstützer zu mobilisieren, und in ihrem jeweiligen Land eine alte – und vermeintlich bessere – Ordnung widerherzustellen. Gemeinsamer Kern ist die Ablehnung der liberalen Demokratie, welche sich in Angriffen auf bestehende demokratische Institutionen sowie die politische Elite äußert.
Die Erzählungen in den Wahlkämpfen, welche die beiden Staatsoberhäupter in ihre Ämter beförderte, gleichen sich augenscheinlich stark: Die politische Klasse, grundsätzlich korrupt, habe das „wahre Volk“ verraten, um die eigene Macht zu sichern sowie die Interessen illegitimer Interessen- und Bevölkerungsgruppen zu vertreten. Die angeblich kritischen Mainstreammedien, von beiden als „fake news“ bezeichnet, und die Klasse der „Globalisten“ stützten dieses System. Gemeinsames Feindbild beider ist die politische Korrektheit. Schlussendlich werden damit nicht nur politische Handlungsmaßnahmen, sondern die Berechtigung der freiheitlich-demokratischen Systeme insgesamt untergraben.
Auch der Stil und die Form der politischen Kommunikation beider Populisten ähneln sich stark. Über Twitter wird ungefiltert und direkt mit der Bevölkerung kommuniziert, ohne jegliche Mäßigung. Während Trump die Verbrechen illegaler Einwanderer sowie den Drogenschmuggel über die amerikanisch-mexikanische Grenze anprangert, verspricht Bolsonaro einen erbarmungslosen Kampf gegen den Drogenhandel und Verbrechen in den Slums. Beide sehen auch die Existenz des menschengemachten Klimawandel skeptisch. Trump, der bereits aus dem Pariser Abkommen ausstieg, bezeichnete ihn in der Vergangenheit als eine Erfindung der Chinesen, Bolsaneros Außenminister als „marxistische Ideologie“.
Ein weiteres problematisches Element sind die zahlreichen abwertenden Äußerungen gegenüber Frauen und Minderheiten, wobei Bolsonaro selbst Trump in diesem Bereich leicht in Schatten stellt. Der Brasilianer benannte das Menschenrechtsministerium um und entzog ihm den Auftrag, sich um LGBT-Belange zu kümmern. Zur Ministerin machte er eine Frau, welche die Meinung vertritt, dass von der Norm abweichendes sexuelles Verhalten angelernt sei. Bolsanero selbst sagte einst, es wäre ihm lieber, sein Sohn sterbe bei einem Unfall, als dass er schwul sei. Zudem übergab er dem Landwirtschaftsministerium, in Brasilien stark von Agrarinteressen geprägt, die Kontrolle über die Länder im Besitz von der indigenen Bevölkerung sowie ehemaligen Sklaven.
Die beiden Männer mit autoritärem Regierungsstil eint vieles. Fraglich bleibt, inwiefern bisherige gegenseitige Wertschätzungen in den Beziehungen zwischen beiden Ländern einen nachhaltigen Unterschied machen werden. Bolsanero verfolgt die Idee einer engen Annäherung Brasiliens an die USA, ein eher ungewöhnlicher Schritt für ein Land, das stets eine kritische Distanz zu den Vereinigten Staaten wahrte. Trump heißt die Idee willkommen und hofft auf einen Partner zu Eindämmung Chinas, nicht nur im südamerikanischen Raum. Dafür ist er möglicherweise bereit, Brasilien den Rang eines „major non-NATO ally“, wie etwa Israel, Japan oder Argentinien zuzugestehen. Verbunden wäre dies mit engerer Geheimdienst- und Rüstungskooperation. Allerdings ist China nach wie vor der größte Handelspartner Brasiliens, und die Handelsinteressen der USA divergieren teilweise stark. Es bleibt also abzuwarten, ob aus der Seelenverwandtschaft beider Präsidenten auch eine neue Beziehung zwischen ihrer beider Länder erwächst.
Von Daniel Prause, Transatlantisches Dialogprogramm, Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit